Erneute Angst vor einer „Winterrezession“
Zum fünften Mal hintereinander könnte Österreichs Wirtschaft heuer zum Jahresende mit einer schrumpfenden Wirtschaft konfrontiert sein. Dies war bereits Ende 2019, also vor der Pandemie, der Fall, dann natürlich 2020 und 2021 aufgrund der Pandemie und schließlich 2022 wegen stark steigender Energiepreise. Die aktuellen Stimmungsindikatoren deuten darauf hin, dass es in Österreich nach dem Rückgang seiner Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal auch im zweiten Halbjahr zu einer zumindest stagnierenden Wirtschaftsleistung kommen könnte. Die Gründe für die wirtschaftliche Schwäche sind vielfältig, beginnend mit dem schwachen privaten Konsum, der nach einem leichten Lebenszeichen zu Jahresbeginn nun wieder auf das Niveau von 2019 zurückgefallen ist, was sich nicht schwer durch das im Vergleich zu 2019 noch immer niedrigere Realeinkommensniveau erklären lässt. Auch die Investitionen, eine wesentliche Stütze der Erholung bisher, waren zuletzt rückläufig und sind kaum über dem Niveau von 2019, nicht zuletzt auch wegen der schwächelnden Bauwirtschaft. Zudem macht sich der Abbau der während der Pandemie aus Furcht vor Lieferschwierigkeiten aufgefüllten Lager nun negativ bemerkbar, es wird einfach weniger bestellt und damit auch produziert. Der Außenbeitrag, also Exporte von Waren und Dienstleistungen minus Importe, bietet noch Wachstumsunterstützung, trotz globaler Nachfrageschwäche, nicht zuletzt auch wegen der schwächer steigenden Importe und der Erholung des Tourismus. Wachstumsunterstützung kommt weiterhin auch vom öffentlichen Konsum.
Die Risiken für eine erneute Winterrezession sind also sehr hoch und reichen von Energieknappheit und globaler Konjunkturschwäche – allen voran durch China – bis hin zu einem langsameren Rückgang der Inflation und einer daraus resultierenden weiteren Zinserhöhung. Trotzdem müssen wir keinen schweren Wirtschaftseinbruch erwarten. Aus derzeitiger Sicht sollte sich die Realeinkommenssituation der Haushalte mit der sinkenden Inflation und den höheren Lohnsteigerungen verbessern. Der Schock des starken Realzinsanstiegs sollte langsam verdaut werden, die Zentralbanken dürften bald das Ende der Zinserhöhungen verkünden, und die Anpassung der Lager an die „normalen“ Lieferbedingungen sollte demnächst abgeschlossen sein. Vor allem aber zeigt sich der Arbeitsmarkt weiterhin sehr robust. Dies lässt uns vorsichtig optimistisch zumindest für 2024 sein, aber viel mehr als ein Prozent Wachstum wird es wohl nicht werden.
Stefan Bruckbauer, Chefökonom der Bank Austria
Stand: 5. September 2023.
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