Expert:innen-Statement zur aktuellen Börsensituation und ein Rückblick auf die letzten Wochen.

 

Marktentwicklung und Anlagestrategie

Basierend auf der fundierten Marktmeinung der Bank Austria entwickelt unser Team von Investmentspezialist:innen die aktuelle Anlagestrategie. Diese ist Grundlage des Vermögensmanagements sowie der individuellen Anlageberatung. 

Oliver Prinz, Leiter Investment Strategy
Oliver Prinz, Leiter Investment Strategy

„Angesichts der aktuellen Renditen und des geldpolitischen Schwenks der großen westlichen Zentralbanken bietet die Anlageklasse Anleihen weiterhin ein konkurrenzfähiges, interessantes Risiko-Ertrags-Profil. Sollte der Rückgang der Inflation ins Stocken geraten oder der Preisauftrieb wieder zunehmen, könnte dies jedoch Anleihen belasten.“

Anleihen

Geldpolitik und inflationäre Entwicklung werden wichtige Einflussfaktoren auf die Anleihenmärkte

Angesichts der aktuellen Renditen und des geldpolitischen Schwenks der großen westlichen Zentralbanken bieten Anleihen weiterhin ein konkurrenzfähiges, interessantes Risiko-Ertrags-Profil. Vor dem Hintergrund der sich weiter abkühlenden Wirtschaft halten wir unseren Qualitätsfokus bei der Selektion von Anleihen wie Euro-Investment-Grade-Unternehmensanleihen und -Staatsanleihen weiterhin für angemessen. Staatsanleihen mit langer Laufzeit könnten im Falle einer deutlichen Konjunkturabschwächung (die allerdings nicht unser Basisszenario ist) eine wichtige Rolle bei der „Makro-Absicherung“ spielen. Sollte der Rückgang der Inflation ins Stocken geraten oder der Preisauftrieb wieder zunehmen, könnte dies Anleihen belasten und zu Kursverlusten führen. Aufgrund des interessanten Risiko-Ertrags-Profils behalten wir unsere Übergewichtung von Renten bei.

Sowohl EWU- als auch Nicht-EWU-Staatsanleihen werden neutral gewichtet

Nachdem die EZB die Zinswende vollzogen hat, behalten wir vor dem Hintergrund der abkühlenden Inflation und in Erwartung weiterer Zinssenkungen in der zweiten Jahreshälfte unsere konstruktive Sichtweise auf Staatsanleihen aus Ländern der Europäischen Währungsunion (EWU) bei. Trotz der jüngsten ermutigenden Daten kann allerdings nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass die Inflation hartnäckig bleibt und damit auch die Zinsen länger als allgemein erwartet auf einem höheren Niveau verharren (Risikoszenario). 

Die sich weiterhin robust präsentierende US-Wirtschaft stützt Nicht-EWU-Staatsanleihen, auch wenn Abkühlungstendenzen in der US-Wirtschaft zuletzt sichtbarer geworden sind. Das Risiko, dass der Umfang der Zinssenkungen durch die US-Notenbank (Fed) geringer ausfallen könnte als erwartet, besteht – trotz zuletzt positive überraschender Inflationsdaten (niedriger als erwartet) fort –  ist aber nicht unser Basisszenario. Auf der anderen Seite besteht die Sorge darüber, dass die Abkühlung der US-Wirtschaft stärker ausfallen könnte, als bisher angenommen wurde.

Sowohl bei EWU- als auch bei Nicht-EWU-Staatsanleihen bleiben wir derzeit bei der neutralen Gewichtung, da wir in anderen Anleihesegmenten, wie Euro-Unternehmensanleihen mit guter Bonität oder Schwellenländer-Anleihen, ein günstigeres Risiko-Ertrags-Verhältnis sehen.

Trotz geringen Renditevorteils bei Euro-Unternehmensanleihen mit guter Bonität behalten wir die Übergewichtung bei

Die Kreditaufschläge von Euro-Unternehmensanleihen, die nach wie vor von der Widerstandsfähigkeit des Wirtschaftszyklus und der anhaltenden Suche der Anleger:innen nach Rendite unterstützt werden, sind trotz der jüngsten Entwicklungen in Frankreich auf einem historisch niedrigen Niveau. Insgesamt sollten die Fundamentaldaten der Investment Grad-Unternehmen (gute Bonitäten) dank gesunder Bilanzen, über den Erwartungen liegender Gewinne, hoher Kassenbestände und eines im Vergleich zum langfristigen Durchschnitt niedrigen Verschuldungsgrads aber robust bleiben. Im Falle eines spürbaren wirtschaftlichen Abschwungs könnten die Zahlungsausfälle bei den von Unternehmen begebenen Anleihen steigen, womit Kursverluste einhergehen könnten (nicht unser Basisszenario). Wir behalten in Erwartung einer weiterhin soliden Entwicklung unsere Übergewichtung bei.

Übergewichtung von Schwellenländer-Anleihen in lokaler Währung bleibt bestehen

Auch Schwellenländer-Anleihen in lokaler Währung bieten eine interessante Carry (Renditeaufschlag gegenüber Anleihen der Eurozone). Es gibt Spielraum für Zinssenkungen, wovon diese Anlageklasse profitieren könnte. Zudem scheinen die Währungen der Schwellenländer unterbewertet und dürften wieder an Boden gewinnen, wenn die Fed beginnt, die Zinsen zu senken. Eine abwartende Haltung der Fed und ein stärkerer US-Dollar würden die Anlageklasse belasten (nicht unser Basisszenario). Weiterhin gilt es zu beachten, dass potenzielle Bonitätsrisiken sowie Fremdwährungsschwankungen, die bei Schwellenländern oftmals höher sind, den potenziellen Ertrag beeinträchtigen können. Schwellenländer-Anleihen in lokaler Währung bleiben aufgrund der Chancen, die wir größer einschätzen als die Risiken, übergewichtet.
 

Aktien

Eine lockerere Geldpolitik der Zentralbanken dürfte den Aktienmarkt stützen, aber die Risiken nehmen zu

Das Umfeld für die globalen Aktienmärkte zeigt sich seit Jahresbeginn freundlich. Die US-Wirtschaft bleibt trotz Abkühlungstendenzen robust, und es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass auch die europäische Wirtschaft die Talsohle durchschritten hat. Die Gewinnerwartungen sind entsprechend konstruktiv. Zudem stützt weiterhin die Aussicht auf eine weniger restriktive Geldpolitik. Hohe Bewertungen in manchen Segmenten des Aktienmarktes und (geo-)politische Unsicherheiten, wie die US-Präsidentschaftswahl oder der Konflikt im Nahen Osten, bleiben nicht unwesentliche Risiken. Da also den positiven Faktoren, wie die konstruktiven Gewinnerwartungen oder die Aussichten auf eine weniger restriktive Geldpolitik, für die Investition in Aktien vermehrt Risiken gegenüberstehen, behalten wir derzeit unsere neutrale Gewichtung bei.

Ein Fokus liegt weiterhin auf japanischen Aktien

Das solide Lohnwachstum bleibt ein stützender Faktor für japanische Aktien. Auch dass die Bank of Japan (BoJ) die Ära der negativen Zinssätze beendet und ihre Politik der Steuerung der Renditekurve aufgegeben hat, wurde von den Märkten überwiegend positiv aufgenommen. Der Anstieg der Unternehmensgewinne und die Reform der Tokioter Börse ermutigen darüber hinaus zu umfangreichen Aktienrückkäufen. Sowohl die Anzahl als auch das damit verbundene Volumen der Aktienrückkäufe, die im Rahmen der Jahresberichterstattung angekündigt wurden, sind auf dem höchsten Niveau seit 2009. Die Bewertungen erscheinen trotz der jüngsten Performance nicht hoch. Da Japan Lebensmittel und Energie in großem Umfang importiert, könnte sich eine dauerhafte Schwäche des Yen allerdings preistreibend auf die inflationäre Entwicklung auswirken – und damit auch auf die Geldpolitik der BoJ, die unter Umständen, zum Beispiel durch Zinserhöhungen, stärker gestrafft werden müsste. Deutlichere Zinsanhebungen als erwartet oder eine ausgeprägte Stärke des japanischen Yen dürften daher Gegenwind für japanische Aktien bedeuten. Nach Abwägung der dargelegten Chancen und Risiken behalten wir unsere Übergewichtung bei.

Das US-Wirtschaftswachstum verlangsamt sich, wodurch sich das Fenster für eine erste Zinssenkung öffnen dürfte

Das robuste makroökonomische Umfeld in den USA ist positiv für US-Aktien, auch wenn jüngere Makro-Daten erkennen lassen, dass sich das Wachstum verlangsamt. Nach den zuletzt ermutigenden Inflationsberichten mit rückläufigen Wachstumsraten (zu den Verbraucherpreisen und privaten Konsumausgaben) wird erwartet, dass die Fed im September mit der geldpolitischen Lockerung beginnen wird. Die Bewertungen von US-Aktien bleiben vergleichsweise hoch, und der S&P 500 Aktienindex weist eine außergewöhnlich hohe Marktkonzentration auf. Aufgrund des ausgeglichenen Chancen-Risiko-Verhältnisses behalten wir eine neutrale Gewichtung bei.

Europäische Aktien sind vergleichsweise günstig, aber Herausforderungen bei der EU-Integration dürften das Potenzial begrenzen

Die zuletzt freundlicheren, häufig über den Erwartungen liegenden makroökonomischen Daten deuten darauf hin, dass die europäische Wirtschaft an Schwung gewinnt. Der Arbeitsmarkt im Euroraum bleibt solide, und die abkühlende Inflation stützt die Realeinkommen. Das starke Abschneiden der rechtsgerichteten Parteien bei den EU-Wahlen könnte die EU-Integration allerdings bremsen und die europäischen Märkte belasten. Die weiterhin vergleichsweise günstigen Bewertungen europäischer Aktien unterstützen diese Anlageklasse, die entsprechend gute Opportunitäten für wert- und qualitätsorientierte Anleger:innen bietet. Nach einer Gegenüberstellung der positiven und negativen Einflussfaktoren auf europäische Aktien setzen wir weiterhin auf eine neutrale Gewichtung.

Uneinheitliches Bild bei Schwellenländer-Aktien

In Asien bleiben wir bei chinesischen Aktien strategisch zurückhaltend. Wie das BIP-Wachstum im zweiten Quartal erkennen lässt, verläuft die Erholung weiterhin schleppend und ist hauptsächlich exportgetrieben. Die recht günstigen Bewertungen könnten jedoch angesichts fiskalischer und geldpolitischer Stimulus-Maßnahmen für eine begrenzte taktische Aufholjagd sprechen. Taiwan-Aktien wiederum werden durch den Boom im Halbleitersektor unterstützt. Insgesamt erscheinen die Bewertungen von Schwellenländer-Aktien aber vergleichsweise günstig. Wir setzen weiterhin auf eine neutrale Gewichtung, wobei ein selektives Vorgehen nach Ländern und Sektoren bei Schwellenländern unabdingbar bleibt.
 

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Stand: 27.08.2024.

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