Interview mit Christine Scholten
„Gewinner des Bank Austria Sozialpreises im Bundesland Wien 2025“: Wie hört sich das an? Was war Ihre erste Reaktion?
Wow, wie schön! Genau das haben wir uns erhofft. Schon die Nominierung gemeinsam mit Afya und Selbstlaut war eine große Ehre – jede Initiative hätte diesen Preis verdient. Umso glücklicher sind wir, dass wir das Voting für uns entscheiden konnten.
Wie haben Sie selbst die letzten Wochen und Tage des Votings erlebt?
Wir haben intensiv daran gearbeitet, Menschen zum Abstimmen zu motivieren. Da das Ergebnis ständig geschwankt hat, waren die letzten Wochen sehr spannend und voller Aufregung.
Beschreiben Sie bitte noch einmal kurz, was Ihr Projekt ausmacht?
Wir verbinden Bildungsförderung mit kreativen Ausdrucksformen und nehmen die Jugendlichen in ihren Lebensrealitäten ernst. Durch Isolation, Armut und familiäre Traumata sind sie vielfachen Belastungen ausgesetzt. Als Gesellschaft können wir nicht nur ihr Funktionieren einfordern, sondern müssen ihnen auch Instrumente zur psychischen Regulation bieten. In einem solchen Rahmen, der ihre Themen ernst nimmt, kann Bildungsförderung überhaupt erst gehört und angenommen werden.“
Wie werden Sie das Preisgeld von 6.000,- EUR konkret für Ihr Projekt einsetzen?
Wir möchten unser Projekt zur Stärkung junger Menschen durch Bildung und Kunst fortsetzen und haben dafür eine sehr konkrete Idee: Drei junge Frauen aus von uns begleiteten Familien konnten in ihren Herkunftsländern keinen Schulabschluss machen. Mit Hilfe des Preisgeldes wollen wir ihnen – und später auch weiteren Jugendlichen – gezielte Lernhilfe ermöglichen, damit sie hier rasch einen Abschluss nachholen und in eine Ausbildung einsteigen können. Diese Lernhilfe soll im Museum stattfinden, wo bereits unser Siegerprojekt umgesetzt wurde. Unsere Partner*innen im mumok öffnen dafür ihre Räume und machen Kunst gleichzeitig erfahrbar. Wir sind überzeugt, dass Kunst bei allen Menschen etwas in Bewegung setzt – und gerade bei jenen, die bislang kaum Rechte oder Chancen hatten, eine besonders positive Wirkung entfaltet.
Warum ist es aus Ihrer Sicht notwendig, Projekte ins Leben zu rufen, die einen Nutzen für Kinder/Jugendliche/Frauen/die Gesellschaft/ Integration & Migration stiften?
Es reicht nicht, Gleichwertigkeit nur in der Verfassung festzuschreiben und darauf stolz zu sein. Sie muss auch im Alltag spürbar werden. Für 300 bis 350 Familien pro Jahr schaffen wir dies, indem wir ihre Chancen in vielen Lebensbereichen ein Stück näher an jene der Mehrheitsgesellschaft heranrücken.
Fotocredits: © Verein NACHBARINNEN in Wien
Das Projekt
Projektstart: 26.04.2025
Kategorie: Kinder/Jugendliche, Integration/Migration
Social-Media: https://nachbarinnen.at/
NextGen.Macht.Kunst richtet sich an schwer erreichbare migrantische Jugendliche – insbesondere syrische, afghanische, tschetschenische junge Männer sowie somalische junge Frauen. Sie erleben häufig Orientierungslosigkeit und gesellschaftliche Ausgrenzung, was zu Schulabbrüchen oder Arbeitslosigkeit führen kann. Gemeinsam mit dem mumok bieten wir hochwertige Kunst-Workshops an, um neue Perspektiven zu eröffnen. Zusätzlich zur Zusammenarbeit mit Musiker:innen und Texter:innen erhalten sie Einzelgespräche mit Bildungsberater:innen und bei Bedarf FGM-Beratung. Ziel ist die nachhaltige Begleitung junger Menschen, damit sie langfristig die Schule abschließen, eine Ausbildung anstreben und ihren eigenen Weg finden.
Pro Durchgang profitieren direkt 30 Jugendliche durch Workshops und Begleitung. 15 von ihnen nehmen an weiterführenden Angeboten teil. Indirekt erreichen wir ihre Familien, Geschwister und Freund:innen, da sie als Multiplikator:innen in ihren Communities wirken.