Interview mit Marlene Mayr, BA
„Gewinner des Bank Austria Sozialpreises Steiermark 2025“: Wie hört sich das an? Was war Ihre erste Reaktion?
Das ist eine sehr schöne Nachricht, die uns in herausfordernden Zeiten Auftrieb gibt. Das Projekt wird schon viele Jahre umgesetzt und uns erreichen viele positive Rückmeldungen von Teilnehmerinnen, die den A1-Kurs als Sprungbrett für ihre Integration in Österreich nutzen.
Wie haben Sie selbst die letzten Wochen und Tage des Votings erlebt?
Wir hatten sehr früh schon viele Stimmen gesammelt. Nicht nur Freundinnen und Freunde des Vereins wollten unsere Arbeit auf diesem Weg unterstützen, sondern auch viele Klient:innen und Teilnehmer:innen drückten auf diesem Weg ihre Dankbarkeit und ihr Wohlwollen aus.
Beschreiben Sie bitte noch einmal kurz, was Ihr Projekt ausmacht?
Im Projekt HELENA geht die Trainerin des A1-Kurses für Frauen mit Kinderbetreuung dank ihrer jahrelangen Erfahrung wunderbar auf die Bedürfnisse der Zielgruppe „schwer erreichbarer“ oder lernunerfahrener Frauen ein. Oft haben die Frauen entweder noch kaum Erfahrung mit Deutschkursen gemacht oder bringen negative Erfahrungen mit. Da tut ihnen die geschützte und wertschätzende Atmosphäre im Kurs gut. Sie knüpfen Kontakte, lernen voneinander und unterstützen sich auch außerhalb des Kurses. Es ist uns ein besonderes Anliegen, den Teilnehmerinnen eine positive erste Begegnung mit dem Deutschlernen zu ermöglichen. Viele fühlen sich sowieso hilf-, macht- und sprachlos in einem neuen, fremden Land. Umso wichtiger ist es, dass sie sich zusammen mit ihren Kindern angenommen und willkommen fühlen. Sie tragen dieses Vertrauen, bei IKEMBA eine offene Tür vorzufinden, weiter und kommen auch nach dem Kurs bei verschiedenen Fragen und Anliegen zu uns oder nutzen unsere Angebote, wie etwa die Beratung bei Familien- oder Arbeitsfragen, Workshops zur Orientierung im Österreichischen Gesundheits- oder Schulsystem, die Familien- und Kinder- & Jugend-Empowermentgruppen. Dieses breite, niederschwellige, bedürfnisorientierte Angebot sorgt für eine nachhaltige Integration in die österreichische Gesellschaft.
Wie werden Sie das Preisgeld von 6.000,- EUR konkret für Ihr Projekt einsetzen?
Der Sozialpreis kommt für unseren Verein zu einem Zeitpunkt, an dem wir ihn besonders nötig haben. Durch die Streichung unserer Basisfinanzierung durch die Landesregierung Steiermark ist die Finanzierung der Miete des Büros und des Kursraumes gefährdet. Nachdem für den abschließenden Kursdurchgang im Projekt (im November 2025) derzeit 16 Mütter einen Bedarf an Kinderbetreuung angemeldet haben, und dies die Kapazitäten unserer Kinderbetreuerin deutlich übersteigt, werden wir mit dem Geld eine zweite flexible Kinderbetreuerin engagieren können, um möglichst vielen Müttern die Teilnahme am Kurs zu ermöglichen. Außerdem möchten wir mithilfe des Preisgeldes eine gründliche Evaluierung des Projekts ermöglichen und Vernetzung und Vermittlung zu anderen Anbietern von Deutschkursen sowie anderen Angeboten in der Steiermark fördern.
Warum ist es aus Ihrer Sicht notwendig, Projekte ins Leben zu rufen, die einen Nutzen für Kinder/Jugendliche/Frauen/die Gesellschaft/ Integration & Migration stiften?
Frauen sind v.a. in patriarchal strukturierten migrantischen Communitys auch in Österreich benachteiligt. Sie haben wenige Chancen, einer Ausbildung oder Arbeit nachzugehen, da sie sich oft allein um die Kinder kümmern und in ihren Herkunftsländern wenig Bildung erfahren haben. Niederschwellige Deutschkurse nur für Frauen, wo auch eine Kinderbetreuung angeboten wird, sind daher unbedingt notwendig für eine gelingende Integration der Frauen.
Wir wünschen uns eine offene, chancengerechte Gesellschaft und ein friedliches Zusammenleben in der Steiermark. Eine gemeinsame Sprache zu finden (und zu fördern!), ist dafür ein wichtiger erster Schritt.
Fotocredits: © Verein IKEMBA
Das Projekt
Projektstart: 01.01.2025
Kategorie: Integration/Migration, Frauenförderung
Social-Media: https://www.ikemba.at/schwerpunkte/foerderung-von-bildung-kultur-und-sprache/#hele
Sprachkenntnisse sind die Grundlage gelungener Integration. Ohne ausreichende Deutschkenntnisse drohen soziale Isolation, eingeschränkter Zugang zu Bildung, Arbeit und Gesundheitsversorgung sowie eine verminderte Chance auf gesellschaftliche Teilhabe.
Genau hier setzt das Projekt HELENA an: Es ermöglicht Frauen mit unterschiedlichen Migrationsbiografien – besonders aber jenen mit Kinderbetreuungspflichten und bildungsfernen Frauen aus patriarchalen Familienstrukturen – einen niederschwelligen, kostenlosen A1-Deutschkurs. Viele von ihnen hatten trotz langjährigem Aufenthalt in Österreich noch nicht die Möglichkeit, Deutsch zu lernen.
In drei intensiven Kursdurchgängen mit kostenloser Kinderbetreuung, die in rund 6 Wochen abgeschlossen werden, gelingt es auch lernunerfahrenen Frauen, den A1-Modelltest positiv zu absolvieren. Die Rückmeldungen und die große Nachfrage zeigen, wie sehr die Teilnehmerinnen den wertschätzenden Umgang der Lehrerin und den geschützten Rahmen schätzen.