Am 1. Jänner 2017 hat sich zwar das österreichische Erbrecht geändert, eines bleibt jedoch gleich: der Ablauf nach dem Todesfall einer Person. Wir haben uns mit dem Bank Austria Erbrechtsexperten Hartwig Frank über die genauen Abläufe im Hintergrund unterhalten.
„Im Todesfall einer Person wird vom zuständigen Gericht das Verlassenschaftsverfahren eingeleitet. In diesem Zusammenhang wird ein Notar aus dem Wohnsitzbezirk des Verstorbenen zum Gerichtskommissär bestellt, der für die Hinterbliebenen in weiterer Folge als Ansprechpartner zur Verfügung steht“, erklärt Frank.
Mit dem Notar wird im Anschluss die weitere Abwicklung besprochen.
Der Gerichtskommissär erhebt eine elektronische Anfrage beim zentralen Testamentsregister oder beim Testamentsregister der österreichischen Rechtsanwälte. Damit prüft er, ob Anordnungen vom Verstorbenen vorhanden sind.
Die Suche nach dem letzten Willen
Wurde ein Testament registriert, wird der verwahrende Notar bzw. der verwahrende Rechtsanwalt automatisch verständigt. Dieser übersendet das Testament an den Gerichtskommissär.
Sofern überhaupt kein Nachlass vorhanden sein sollte, ist das Verlassenschaftsverfahren mit der Aufnahme des Todesfalls schon wieder beendet.
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Der Bankweg nach dem Tod
Im Rahmen der Barwertanfrage durch den Gerichtskommissär, werden vom Bankinstitut sämtliche Werte und Barwerte der verstorbenen Person mit Todestag bekanntgegeben. „Werte bzw. Konten und Depots, die ausschließlich auf den Namen des Verstorbenen lauten, werden vom Bankinstitut gesperrt. Eventuelle Zeichnungsrechte werden ungültig. Bei Gemeinschaftskonten und Gemeinschaftsdepots wird zwar vermerkt, dass ein Inhaber verstorben ist, der andere bzw. die anderen Mitinhaber können jedoch weiterhin darüber verfügen“, sagt Frank.Zu beachten sei aber, dass der Gerichtskommissär auch über die gemeinsamen Werte informiert wird. „Welcher Anteil von den Gemeinschaftswerten tatsächlich in die Verlassenschaft fällt, wird im Verlassenschaftsverfahren ermittelt“, sagt der Experte.
Lebensversicherungen mit namentlichem Bezugsrecht für den Ablebensfall nehmen an der Verlassenschaft nicht teil.
Gebühren
Die Gerichtsgebühr beträgt 5 Promille des reinen Nachlassvermögens.
Die Gebühr für die Gerichtskommissärin bzw. den Gerichtskommissär (Notarin bzw. Notar) richtet sich primär nach dem Wert des Nachlassvermögens und nach dem Umfang des Verfahrens und kann bei einem umfangreichen Verfahren auch erhöht werden. Die Höhe der Gebühr ist im Gerichtskommissionstarifgesetz geregelt und wird vom Verlassenschaftsgericht bestimmt.

Derzeit keine Erbschaftssteuer
In Österreich wurden die Erbschaftssteuer und die Schenkungssteuer per 1. August 2008 abgeschafft. Allerdings: Beim unentgeltlichen Erwerb von Liegenschaften (durch Schenkung oder auch als Erbe) wird die Grunderwerbssteuer fällig. Die Steuern werden mit der so genannten „Einantwortung“ fällig, d.h. wenn die Erben die Hinterlassenschaft übernehmen und damit auch die Rechte und Pflichten.
Erbe von Verbindlichkeiten
Zu den Pflichten gehören oftmals auch Schulden der verstorbenen Person.
Die bedingte Erbserklärung ist mit der Erstellung eines Inventars verbunden. Die Erben haften jedoch maximal bis zum Wert der geerbten Werte. Im Falle der unbedingten Erbserklärung haftet der Erbe für die Schulden des Nachlasses persönlich, also mit seinem ganzen Vermögen. Die Erbschaft kann aber auch – beispielsweise wegen zu hoher Schulden – ausgeschlagen werden.
Generell wird bei Schulden zwischen Erblasserschulden und Erbfallsschulden unterschieden: Die Erblasserschulden sind die Verbindlichkeiten des Toten. Die Erbgangsschulden entstehen erst im Zuge des Erbes. Dazu gehören die Pflichtteilsschulden der Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen, die Begräbniskosten, die Kosten einer Inventarisierung und Schätzung.
Das Ende
Beendet ist ein Verlassenschaftsverfahren, wenn der Nachlass in den rechtlichen Besitz des bzw. der Erben übergeben wird. „Das geschieht durch einen so genannten ‚Einantwortungsbeschluss’ des Gerichts“, erklärt Frank.