UniCredit Bank Austria Analyse
Mercosur-Abkommen eröffnet Chancen für Österreichs Industrie
- Eines der größten Handelsabkommen weltweit für einen Wirtschaftsraum von 770 Mio. Menschen
- Österreich exportierte 2024 Waren im Wert von 1,3 Mrd. Euro in die Mercosur-Staaten, das sind derzeit jedoch nur 0,7 Prozent der gesamten Ausfuhren
- Wegfall hoher Importzölle stärkt Maschinenbau, Getränkeindustrie und Fahrzeugproduktion
- Von einem Abkommen würden Oberösterreich, Steiermark und Salzburg besonders profitieren
- Für Vorarlberg, Kärnten und das Burgenland ist der Handel mit Mercosur derzeit von geringer ökonomischer Relevanz
Die Europäische Kommission hat am 3. September 2025 den Ratifizierungsprozess für das Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten eingeleitet. Das Abkommen umfasst Brasilien, Argentinien, Uruguay, Paraguay und seit 2024 Bolivien und soll den Großteil der bestehenden Handelshemmnisse beseitigen. „Das Abkommen eröffnet Österreichs Industrie neue Exportchancen und stärkt ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit“, erklärt UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer.
Derzeit noch relativ kleiner Exportmarkt für Österreich
Österreichs Exporte in die Mercosur-Staaten machten 2024 mit 1,3 Milliarden Euro nur 0,7 Prozent der gesamten Ausfuhren aus. Maschinen, pharmazeutische Produkte und Getränke waren die wichtigsten Exportgüter nach Südamerika. Die Industrieregionen Oberösterreich und Steiermark stehen für fast die Hälfte der österreichischen Mercosur-Exporte. Salzburg punktet dank der Getränkeindustrie, Wien vor allem durch Pharmaprodukte. „Der Wegfall von Zöllen von bis zu 35 Prozent auf Fahrzeuge und 20 Prozent auf Maschinen würde der gegenwärtig unter Druck stehenden Industrie etwas Entlastung verschaffen“, sagt UniCredit Bank Austria Ökonom Robert Schwarz.
Zollabbau als Wachstumsimpuls
„Der durchschnittliche Zollsatz für österreichische Exporte in die Mercosur-Länder lag 2024 bei rund 10 Prozent und verursachte Kosten von etwa 130 Mio. Euro“, rechnet Schwarz vor. Mit Inkrafttreten des Abkommens würden über 90 Prozent der Zölle entfallen. Besonders ausgeprägt wäre die Entlastung durch den Zollabbau in den Sektoren Fahrzeugbau, Getränkeindustrie und Maschinenbau, da diese derzeit den höchsten durchschnittlichen Zollbelastungen unterliegen.
Industrieregionen als Gewinner
2024 generierte die Nachfrage der Mercosur-Staaten nach Gütern – direkt oder über Zulieferketten – eine Wertschöpfung in Österreich von rund 700 Millionen Euro, daran hängen rund 5.000 Arbeitsplätze in der Industrie. Nach Schätzungen der Europäischen Kommission könnte das Abkommen die EU-Ausfuhren von Waren und Dienstleistungen nach Südamerika um rund 40 Prozent steigern.
Übertragen auf Österreich entspräche dies einem zusätzlichen Wertschöpfungseffekt in der Industrie von rund 300 Millionen Euro sowie einem Beschäftigungseffekt von rund 2.000 zusätzlichen Industriearbeitsplätzen. Am meisten würden die Regionen Oberösterreich und die Steiermark vom Handelsabkommen mit Mercosur profitieren. Die oberösterreichische Industrie kann mit zusätzlich 80 Millionen Euro Wertschöpfung und 550 Arbeitsplätzen rechnen und die Steiermark mit zusätzlich 50 Millionen Euro Wertschöpfung und 350 Beschäftigten.
Ein positiver Vertragsabschluss würde die industrielle Wertschöpfung in Salzburg, Wien und Niederösterreich um knapp 40 Millionen Euro erhöhen und etwa 300 neue Industriearbeitsplätze schaffen. In Tirol wäre der Effekt mit zusätzlicher Wertschöpfung von 25 Millionen Euro und 150 Arbeitsplätzen etwas geringer. In Vorarlberg, Kärnten und im Burgenland läge der Wertschöpfungseffekt bei unter 10 Millionen Euro und weniger als 100 Arbeitsplätzen.
Gleichzeitig wächst allerdings der Druck auf die heimische Landwirtschaft, die mit billigeren Fleischimporten aus Südamerika konkurrieren muss. „Das Mercosur-Abkommen ist eine wichtige Ergänzung zu bestehenden Handelsbeziehungen, ersetzt diese aber nicht – die Wirtschaftskraft der Mercosur-Staaten beträgt nur rund zehn Prozent jener der USA“, so Bruckbauer abschließend.
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