
Interview mit Sabrina Mathis und Sabrina Sohm
„Gewinner des Bank Austria Sozialpreises Vorarlberg 2022“: Wie hört sich das an? Was war Ihre erste Reaktion?
Bereits über die Nominierung waren wir sehr erfreut. Wir fühlten uns sehr geehrt, dass wir als eines der drei besten von bestimmt zahlreichen guten Projekten ausgewählt wurden.
Die Nachricht über das Erreichen des 1. Platzes in Vorarlberg hat uns Mitten im Arbeitsalltag erreicht und nachhaltigen Jubel ausgelöst. Es war ein besonderer Moment als wir erkennen durften, dass sich die zahlreichen Werbeaktionen und Mühen gelohnt hatten.
Wie haben Sie selbst die letzten Wochen und Tage des Votings erlebt?
Wir waren doch sehr nervös und hatten es uns zum Hobby gemacht die Votingzwischenstände zu beobachten. Durch die breitgefächerte Werbung fieberten unsere Unterstützer:innen eifrig mit und sendeten uns immer wieder den aktuellen Zwischenstand, der nach dem Voting angezeigt wurde. Dank unserem Umfeld wurden wir durch die spannende Zeit bis zum finalen Tag des Votings getragen.
Beschreiben Sie bitte noch einmal kurz, was Ihr Projekt ausmacht?
Unser Projekt ist geprägt durch ein starkes Miteinander und der aktiven Beteiligung der Harder Bevölkerung. Besonders während der Lockdowns zeigte sich, wie viele hilfsbereite Personen es in der näheren Umgebung gibt und dass es oftmals nur einen kleinen Anreiz braucht. Aus einem Beteiligungsprozess gestalteten wir ein möglichst ansprechendes Wimmelbild, das zur aktiven Auseinandersetzung mit der eigenen Nachbarschaft und Wohnumgebung anregen soll und teilweise einen Wunschzustand darstellt. So ist das Wimmelbild sehr divers gestaltet und zeigt eine Wohnanlage mit einem eigenen Sportplatz bspw. für Jugendliche. Möglicherweise entdeckt man eine bekannte Situation und kann entsprechend innerhalb der eigenen Nachbarschaft reagieren. Gesammelt wurden Ideen wie, „ich kann immer bei Nachbar:in xy klingeln, wenn mir der Zucker ausgeht.“ oder „der Zivildiener darf bei der Zustellung des Essens auf Rädern bei meinen Nachbar:innen klingeln, da ich selbst die Haustüre nicht mehr öffnen kann.“ und auch „ich würde gerne mit einem Hund ‚gassi gehen‘, aber ich weiß nicht, ob es in meiner Nachbarschaft jemanden gibt, der:die einen Hund hat und darüber froh wäre.“ All diese Situationen haben wir versucht im Bild darzustellen.
In weiterer Folge haben wir gemeinsam mit den Bewohner:innen insgesamt zwei Begegnungsaktion in unterschiedlichen Nachbarschaften veranstaltet, um das Kennenlernen und das nachhaltige Entstehen von Beziehungen zu fördern. Parallel dazu haben wir einen Einkaufsblock entworfen, der dazu einlädt die eigenen Einkäufe zu notieren und auch Platz für mögliche Einkäufe der Nachbar:innen bietet.
In weiterer Folge planen wir die Gestaltung von Stickern, die am Briefkasten oder der Türklingel angebracht werden können und vermitteln „ich bin für meine Nachbar:innen da“. Dies soll die Hemmschwelle senken, auch mal nach Unterstützung zu fragen. Als Wiedererkennungsmerkmal werden die Elemente des Wimmelbildes auf den einzelnen ‚Give-aways‘ dargestellt.
Wie werden Sie das Preisgeld von 6.000 Euro konkret für Ihr Projekt einsetzen?
Das Preisgeld wird jedenfalls für die Planung weiterer Begegnungsaktionen und die Kreation der Sticker verwendet. Wir haben noch mindestens drei weitere Wohnsiedlungen, in denen wir im kommenden Jahr eine Begegnungsaktion veranstalten möchten. Für jede dieser Aktionen wird in unserer Werkstatt der Offenen Jugendarbeit eine Holzsitzbank angefertigt, die gleichzeitig auch Stauraum bietet. Die Sitzbank wird zunächst als Ankündigung der Begegnungsaktion platziert, während der Aktion mit Kindern und Jugendlichen bemalt und im Anschluss mit gemeinschaftlich nutzbaren Gegenständen, wie einer Picknickdecke, Straßenmalkreiden und Bocciakugeln, befüllt und vor Ort als Symbol der Gemeinschaft überreicht.
Warum ist es aus Ihrer Sicht notwendig, Projekte ins Leben zu rufen, die einen Nutzen für Kinder/Jugendliche/die Gesellschaft stiften?
Projekte sind meist der erste Schritt der Umsetzung einer Idee. Gleichzeitig können durch diese Missstände aufgezeigt und Betroffene in der Bewältigung unterstützt werden. Zudem ist es eine der Kernaufgaben der Sozialen Arbeit, Lobbyarbeit für Personengruppen zu leisten. Wie soll das besser funktionieren als im Rahmen eines Projektes? Ein Projekt ermöglicht das Senken von Hemmschwellen und kann teilweise ungeahnte Ressourcen zum Vorschein bringen.
Fotocredits: © Verein Sozialsprengel Hard
Das Projekt
Eingereicht von: Verein Sozialsprengel Hard
Projektstart: 15.04.2021
Kategorie: Kinder/Jugendliche, Integration/Migration, Frauenförderung
Social-Media: https://sozialesnetz.hard.at/de/sozialsprengel-hard/
Im Jahr 2021 startete der Verein Sozialsprengel Hard das Nachbarschaftsprojekt „Wir sind füreinander da“. In einem Beteiligungsprozess wurden Jugendliche sowie Erwachsene zu ihrer Nachbarschaft befragt. Aus den Ergebnissen wurde ein Wimmelbild erstellt, das den multiperspektivischen Blick auf das Zusammenleben ermöglicht. Basierend darauf werden im Jahr 2022 einzelne Szenen fokussiert und in unterschiedlichen Medien veröffentlicht. Dabei werden bestehende Angebote vorgestellt und in partizipativer Auseinandersetzung mit den Bildausschnitten neue Konzepte erarbeitet. Um ein Kennenlernen innerhalb der Nachbarschaft zu ermöglichen, das Miteinander zu fördern und für Bedürfnisse zu sensibilisieren, sind Begegnungsaktionen in verschiedenen Regionen in Hard in Planung. Diese Aktionen sollen Ressourcen der Nachbarschaft zum Vorschein bringen und aktivieren. Der Verein Sozialsprengel Hard etabliert sich mit diesem Projekt als Anlaufstelle zu Themen rund um das Zusammenleben in Nachbarschaften.
Das Thema Nachbarschaft betrifft jede*n und man kann sich diese in den seltensten Fällen aussuchen. Und doch können sich verschiedenste Beziehungen entwickeln, die zum einen herausfordernd aber auch bereichernd und unterstützend sein können. Das Projekt inkludiert sämtliche Bewohner:innen der Gemeinde Hard und leistet damit unter anderem Aufklärungs- und Lobbyarbeit für die in den Bewertungskriterien genannten Zielgruppen.
Bereits das Wimmelbild wurde anhand der Rückmeldungen aus Befragungen und Gesprächen mit Kindern, Jugendlichen sowie Erwachsenen gestaltet. Dabei konnten die verschiedenen Angebote des Verein Sozialsprengel Hard genutzt und der subjektive Blick auf die eigene Nachbarschaft und die eigene Rolle in diesem System gelenkt werden. Die weiteren Beteiligungsprozesse widmen sich der Planung der Begegnungsaktionen in den Siedlungsgebieten und geben Raum für ‚Brennpunktarbeit‘. Bei diesen Begegnungsaktionen werden Bedürfnisse erhoben und Ressourcen der Nachbarschaft sichtbar gemacht. Die Bewohner:innen der Nachbarschaft werden in ihrer Selbstwirksamkeit gestärkt und empowert, sich gegenseitig zu unterstützen.